Kann ein Projekt langfristig die Beteiligten glücklich machen?

Im Advent wird allerorts Geld gesammelt und gespendet. Wie sonst zu keiner Zeit bekommen auch wir von CFI entsendeten Entwicklungshelfer, Spendenzuwendungen. Und das ist an sich gut – wenn man weiß, wie mit Geld umzugehen ist.

Weihnachten und die Geschichte von den armen, glücklichen Kindern

Vor Weihnachten kam mein ehemaliger Arbeitgeber, die KMU LOFT Cleanwater GmbH, auf mich zu. Der Geschäftsführer fragte mich, ob er denn helfen könnte? Diese Gelegenheit konnte ich nicht ungenutzt vorbeiziehen lassen. Letztendlich wurde ein Projekt unterstützt, in dem Biosand-Filter gebaut werden. Das hört sich erstmal recht einfach an. Es werden also Filter gebaut und aufgestellt, die das vorhandene Trinkwasser in der Qualität wesentlich verbessern. Es ist auch recht einfach, das zu machen und im selben Atemzug werbewirksame Bilder mit Kindern zu bekommen. Kinder, so viele wie halt auf ein Bild passen ohne dabei den Filter zu verdecken, die glücklich in die Kamera schauen und dabei vielleicht einen Becher mit Trinkwasser halten.

Warum ist dann hier keines dieser Bilder zu sehen? Wir haben mit der lokal tätigen NGO Connect Africa zusammengearbeitet, um langfristig Strukturen zu schaffen, die auch noch funktionieren, wenn das Bild längst seinen Dienst getan hat. Das bedeutet, wir gehen einen weiten Weg, der auch von den Einheimischen etwas abverlangt. Von eben dieser NGO, haben wir (also die Ungander und ich) folgenden Satz gehört:

Wenn ihr jemandem einen Filter hinstellt, ohne dass er dafür etwas bezahlt hat, wird dieser Mensch darauf warten, bis ihr auch das Wasser in den Filter leert.

Aye Stephen, Connect Africa
Stephen ist seit mehr als 10 Jahren im Bio-Sandfilter-Geschäft

Wer macht mit? Was darf es kosten?

Nachdem sicher war, dass wir 3000 EUR für dieses Projekt zur Verfügung hatten, haben wir uns als Wasserzentrum zusammen mit der Technik ohne Grenzen-Gruppe (TeoG) der Uni zusammengesetzt und überlegt, wie und vor allem mit wem das funktionieren kann. Die TeoGs hatten schon einen WASH-Promoter Workshop an verschiedenen Schulen im Umfeld gemacht (WASH = Water, Sanitation and Hygiene). Sie haben also Lehrer darin motiviert und angeleitet Hygiene zum Thema im Unterricht zu machen. Das bedeutet, sie wussten wer bei so einem Projekt „von Herzen“ dabei sein würde. Zum Training wurden eingeladen

  • 2 Lehrer von der Schule Winterland
  • 2 Lehrer von der Schule Ndejje Junior
  • 2 Mitarbeiter von der Mensa der Uni
  • 2 Mitarbeiter der mechanischen Werkstätte der Uni
  • 2 Mitglieder von Technik ohne Grenzen Uganda
  • 1 Vertreter der ugandischen NGO CHILD
  • 3 Mitglieder vom Water Centre
Gruppenbild vom theoretischen Training. Mit dabei auch 4 Medizinstudenten der Uni.

Die beiden Schulen sollten zunächst einen Filter bekommen, genauso wie die Uni-Mensa. Nachdem die Ugander unter sich beraten hatten, was es den Schulen wert sein sollte, haben diese nach ihren Möglichkeiten 25 EUR bzw. 35 EUR für die Teilnahme bezahlt. Außerdem wurden die Fahrtkosten nicht übernommen. Und bei diesem Schritt trennt sich die Spreu vom Weizen. Viele Organisationen, gerade in der Entwicklungszusammenarbeit, zahlen Fahrtgeld UND ein Taggeld (Allowance) UND das Training. Das treibt solche Blüten, dass Leute, die ein wertvolles Training bekommen, auch erwarten für ihr Beiwohnen bezahlt zu werden. Wie schön, dass manch Ugander das als ungesund sieht und dem entgegenwirken will. Die Entscheidung kein Fahrtgeld zu zahlen (was in den 3000 EUR locker drin gewesen wäre), wurde von den Ugandern getroffen. Das zweitägige praktische Training war etwa 30 Minuten entfernt. Die Teilnehmer haben sich selber organisiert, jemand hat ein Auto geliehen, Benzinkosten wurden geteilt. Ich saß im selben Auto – nicht im eigenen.

Training – für was?

Das Training war für die Beteiligten gegliedert in einen theoretischen Teil (ein Vormittag) und zwei Tage Praxis bei Connect Africa. Zur Theorie gibt es für Interessiert eine ganze Reihe von Videos (die wir nicht angesehen haben). Der praktische Teil hat die Produktion eines BSF umfasst. Sicherlich kann man argumentieren, dass ein Anwender nicht wissen muss, wie man den Filter baut. Dagegen ist einzuwenden:

  1. Mehr Schulung selten schadet.
  2. Eine positive Gruppendynamik entsteht, wenn alle Beteiligten den selben Prozess durchmachen.
  3. Die Scheu und Erfurcht vom Gerät sinkt, die Akzeptanz und Wertigkeit steigt wenn hinter die Kulissen geschaut werden kann.
  4. Es gibt guten Grund zur Annahme, dass sich einige tatsächlich einmal etwas Geld mit der Herstellung der Filter verdienen dürften.
2 Tage Training bei Connect Africa – Herstellung eines BSF

Letztendlich war es mir sehr wichtig, dass Gertrude, die Leiterin der mechanischen Werkstatt dabei ist. Sie kann so zukünftig Studenten darin anleiten einen Filter zu bauen. Sollte es uns gelingen, diese praktische Erfahrung in den Lehrplan einzubinden, werden noch viele Filter von Studenten gebaut und aufgestellt werden.

Gertrude beim Zementanrühren.

Dank der Spende der KLC können wir dafür jetzt alles notwendige an Werkzeug besorgen und das Pilotprojekt durchführen: Schulungen, Kauf und Installation von 3 Filtern, Aufstellen weiterer 9 selbstgebauter Filter, Wassertests. Nachdem die TeoG-Gruppe auch in Zukunft noch vor Ort ist, wird diese das Wissen innerhalb der Gruppe weitergeben. Weil das Labor vom Wasserzentrum schon selbständig laufen kann, ist die Überprüfung der Qualität des gefilterten Wassers einfach möglich.

Francis, von der TeoG Gruppe bei der Arbeit.

Dass so ein Filter jeden Tag mindesten einmal mit Wasser befüllt werden soll, kann speziell bei Schulen ein Problem sein. Wer füllt in den Ferien? Francis hat, nachdem am Donnerstag klar war, dass alle Schulen Corona-bedingt einen Monat schließen, selbständig die Verantwortlichen in den Projektschulen angerufen. Er hat sichergestellt, dass die Filter auch jetzt befüllt werden. Das sind für mich persönlich die schönsten Zeiten, wenn ich nichts weiter dazu beitrage und die Einheimischen zusammen ihr Uganda voranbringen.

Kann viel oder wenig Geld also auch schaden? Sicherlich! Aber dazu ein andermal mehr.

One thought on “Viel Geld hilft viel?

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